Über die Passstraße Tizi n’Tazazert mit dem Campervan ohne Allrad
Nach den beeindruckenden Schluchten Gorges du Todra und Gorges du Dades sind wir bereits einige aufregende Straßen und Serpentinen in Marokko gefahren. Doch das Land hält neben den Schluchten noch mehr Abenteuer parat. Bei unserer Recherche zu Hause gingen Passstraßen komplett unter – ohne Geländefahrzeug. Die Cols oder Tizis, wie man sie in Marokko nennt, wurden auf unserer Reise zu einer unserer schönsten Abwechslungen und Abenteuern.
Passstraßen tragen in Marokko den Namen Tizi, oder auf Französisch Col. So halten wir auf Google Maps oder der Navigations-App OsmAnd stets Ausschau nach den Gebirgszügen mit den namentlich markierten Passstraßen.
Wir werden nicht leichtsinnig, Marokkos Straßen sind aber die beste Übung, Straßenverhältnisse, aber auch die eigene Fahrweise besser einschätzen zu können. Wie immer hören wir auf unser inneres Gefühl – lassen es auch offen umzudrehen!
Marokkos Gebirgsketten
Das Atlas-Gebirge begleitet uns von Nord nach Süd durch ganz Marokko
Zu Marokko gehört das Atlas-Gebirge, wie in Deutschland die Alpen. Doch das Atlas-Gebirge splittet sich in mehrere Gebirgszüge auf und erstreckt sich über viele hundert Kilometer durch das ganze Land und darüber hinaus.
Am Anfang unserer Reise begegnen wir dem nördlichen Rif-Gebirge an der marokkanischen Mittelmeerküste bei Chefchaouen.
Den Mittleren–Atlas im Zentrum Marokkos verbinden wir mit dem Skigebiet Ifrane und den beeindruckenden Zedernwäldern mit den Berberaffen.
Der Hohe–Atlas erhebt sich vom Südwesten an der Atlantikküste bei Agadir bis in den Osten an der algerischen Grenze. Der höchste Berg im Hohen-Atlas und Marokkos ist der Jbel Toubkal mit 4.167 m Höhe.
Der Anti-Atlas ist die südlichste gelegene Gebirgskette, welche wir am Rande der Sahara bei Quarzazate sehen.
Daneben gibt es weiteres vulkanisches Gebirge
Neben dem Atlas-Gebirge gibt es weitere Gebirgsketten, die nicht dazu gehören. Der Jbel Sarhro Gebirgszug ist theoretisch die östliche Verlängerung des Anti-Atlas, wird aber gesondert betrachtet, da die Gebirgskette vulkanischen Ursprungs ist. Und genau da wollen wir hin!
Über die Passstraße Tizi-n-Tazazert
Ausgehend von Boulmane im Dades-Tal geht es für uns weiter über N’Kob zur Palmenoase bei Agdz. Der Weg über die Nationalstraßen ist vorhanden, doch wir tasten uns ans Abenteuer und fahren die Passstraße Tizi-n-Tazazert (RP1521) über das Sarhro-Gebirge.
Recherche und Empfehlungen bei Pisten
Egal ob Empfehlungen von Einheimischen, Reisenden oder Beschreibungen im Internet – es ist nicht leicht, sich ein Bild von Straßenbedingungen zu machen. Im Internet lesen wir von einer 4×4-Piste, welche nur für Geländewagen was ist. Allein Einheimische wagen sich mit dem PKW über den Pass. Bei Regen sollte die Strecke gemieden werden, was wir aufs Wort glauben. In 4×4 Foren lesen wir eher enttäuschte Berichte, dass die Offroad-Piste einer ausgebauten Straße gewichen ist. Was nun?
Mit der Einstellung umzudrehen, fahren wir den Gebirgspass an. Die befestigte Serpentinen-Strecke ist für uns bis zum Gipfel gut fahrbar. Am höchsten Punkt gehen wir in das Café Tizi-n-Tazazert auf 2.283 m Höhe. Wir unterhalten uns mit dem Betreiber und einem Motorradfahrer – die weitere Strecke, wird uns versichert, kein Problem, ohne Allrad!
Der weitere Straßenverlauf bis N’Kob wurde in den letzten 1-2 Jahren ausgebaut. Wir freuen uns, dass wir nicht umkehren müssen – verstehen aber auch den Frust von Geländefreaks.
Vom Café Tiz-in-Tazazert aus haben wir einen atemberaubenden Ausblick auf die Klippen und scharfkantigen Granitfelsen. Wir genießen die Landschaft bei einem Thé de Menthe. Das typische Berber-Café ist darauf eingestellt, dass so mancher hier eine Nacht verbringt.
Wie versprochen kommen wir auch wieder gut über Serpentinen hinunter und machen in N’Kob eine Mittagspause mit Tajine. Danach geht es zu unserem nächsten Campingplatz in Agdz.
Agdz, einst Rastplatz der Karawanen aus Timbuktu
Timbuktu in Mali liegt in weiter Ferne. Ein Schild eines Hotels im Zagora, bei der Wüste Erg Chegagga, ist ein beliebtes Fotomotiv: Darauf zu sehen sind Dünen und eine Kamelkarawane mit dem Text „Timbuktu – 52 Tage“ – 52 Tage dauert der Weg über die Wüste für die Karawane.
Noch unwissend, dass Agdz namentlich so viel wie „Rastplatz“ bedeutet, sehen wir öfter die Replikate des Schildes. Für Karawanen, die weiter Richtung Norden zogen, war Agdz der Rastplatz vor dem steilen Tizi-n-Tazazert, den wir heute gefahren sind.
Fahrradtour durch die Palmenhaine bei Agdz
In unserer Dachbox verstecken sich zwei Klappräder, die in Marokko nicht häufig zum Einsatz kommen. Wir wählen die Radtouren bewusst, am liebsten fahren wir keine Hauptstraßen mit turbulentem Verkehr. Die Palmenoase bei Agdz ist wohl der richtige Ort, um die Räder herauszuholen.
Wir radeln von unserem Campingplatz bei Agdz zum Berberdorf Tamnougalt. Auf dem Weg sehen wir einige Ruinen mehrstöckiger Wohnburgen. Die Gebäude aus Stampflehm verfallen der Witterung – oder werden renoviert und in Schuss gehalten.
Der Weg durch die Palmenhaine bis zu unserem Campingplatz spendet Schatten und zeigt uns die heimische Landwirtschaft. Dattelpalmen sieht man am häufigsten, doch auch Mais, Gerste, Gemüse und Kräuter werden angebaut.
Für uns war diese Etappe gepaart mit positiven Erlebnissen und Zuversicht, dass auch wir Passstraßen fahren können. So viel sei verraten, es bleibt nicht unser einziger Abstecher in die Berge und über Passstraßen.