Tafraoute mit dem Campervan – zwischen Van Valley und dem Tal der Ammeln

Die Landschaft um Tafraoute ist geprägt von eindrucksvollen Bergen und Tälern des westlichen Antiatlas. Unser Weg von der Passtraße Tizi n´Test ins Tal der Ammeln führt uns durch wohlhabende Dörfer, Palmenoasen und bizarren Felsformationen. Der Fels, der aussieht wie ein Löwenkopf zum Beispiel, der Berg namens „Napoleonshut oder die „Painted Rocks“, die ein Relikt eines belgischen Künstlers aus den 80ern sind. In der Gegend kann man jede Menge besichtigen, wandern und Fahrrad fahren.

Das Tal der Ammeln

Das Tal der Ammeln erstreckt sich über 15 Kilometer nördlich von Tafraoute. Die Bewohner der vielen keinen Dörfern lebten vor einigen Jahrzehnten größtenteils noch als Selbstversorger. Auf unserem Weg sehen wir endlos Terrassen in den Bergen, die einst zum Anbau für Gerste, Kartoffeln und Gemüse verwendet wurden. Doch ausbleibende Regenfälle seit den 70ern führten zur Abwanderung der Bevölkerung und die Männer suchten sich im Norden Marokkos und Europa Arbeit, um ihre Familien im Tal der Ammeln zu versorgen.

Der Löwenkopf am Jbel Lekst

Wir kommen im Tal der Ammeln, nordöstlich von Tafraoute, auf einem kleinen Campingplatz gegen Nachmittag an. Schon aus dem Auto erkennen wir den Kopf des Löwens, den „tete de lion“ auf Anhieb. Auf dem Campingplatz sorgt der Löwenkopf jedenfalls unter den Campern für genügend Gesprächsstoff. Die einen sehen ihn, die anderen nicht. Vormittags oder am Abend sucht man den Kopf vergeblich, Nachmittags ist die beste Zeit, da die Schatten und Lichtverhältnisse dann genau richtig sind.

Der Löwenkopf gehört zu einem der höchsten Berge des Antiatlas, dem Jbel Lekst. Der höchste Punkt des Berges ist auf 2.350 m.

Die ursprüngliche Bevölkerung Marokkos

Das indigenes Volk der Berber ist vor allem im Maghreb, dem nordwestlichen Teil Afrikas, zu Hause. Etwa 2/3 der Einwohner Marokkos bezeichnen sich als Berber. Es gibt in Marokko aber auch viele Araber und andere Ethnien. Doch Marokko ist historisch betrachtet kein arabisches Land. Berberstämme sind stark verwurzelt mit ihrer Kultur, der Natur, sind weltoffen und leben teils nomadisch.

Alleine in Marokko gibt es unterschiedlichste Stämme und Sprachgruppen, wobei Amazight und Tamazight die übergeordnete Bezeichnung der Bevölkerung und Sprache ist.

Geografische RegionZugehörigkeitSprache
Nordmarokko
(Rif Gebirge)
Rif-Kabylen (Zenata-Gruppe)Tarifit / Rifisch
Zentralmarokko
(Zentralatlas, mittlerer Atlas)
AmazightTamazight, Mazirisch
Südmarokko
(westlicher Hoher Atlas, Anti-Atlas)
Schlöh (Masmouda-Gruppe)Taschelhit
SaharaTuaregTamascheq

Der Begriff „Berber“ ist von den Ureinwohnern keine Eigenbezeichnung. Sie nennen sich selbst Amazight, was „freier Mensch“ bedeutet. Die Sprache der Berber, Tamazight, wurde 2011 als offizielle Amtssprache in Marokko anerkannt. An Schulen wird die Sprache wieder unterrichtet und die Schrift Tifinagh, ist auf vielen Straßenschildern zu sehen.

P1018907
Die Flagge der Berber zeigt den Buchstaben ⵥ (Z), das Zeichen steht für Amazight und gilt als Symbol der Lebenseinstellung „Free People“

Die Stämme der Chleuh und Ammeln in der Region

Die Region des Hohen Atlas und Anti-Atlas ist dem Berberstamm der Chleuh (franz.) oder Schlöh (deutsch) zugeordnet, die Einwohner sprechen den Dialekt Taschelhit. Im Tal der Ammeln sind die Einheimischen ebenso den Chleuh zugehörig, bilden aber eine weitere Gruppe unter sich.

Die Ammeln leben in den kleinen, verstreuten Bergdörfern und heiraten ausschließlich unter sich. Reichtum und Besitz bleibt so zusammen. Bei unseren Fahrten durch die Region stechen uns fest gebauten Häuser aus Beton, verziert mit Ziegeln und Gärten ins Auge. Die Orte haben einen historischen Kern, die Neubauten drapieren sich drumherum. Viele Häuser scheinen dennoch leer, die Besitzer haben oft einen weiteren Wohnsitz im Norden oder an der Küste.

Tafraoute mit dem Campervan

Tafraoute ist eine Kleinstadt mit etwa 7.000 Einwohner auf 1.000 m Höhe am Fuße des Antiatlas. Umringt von eindrucksvollen Granitfelsen und unwirklichen Felsformationen, ist der Ort zu einem beliebten Ziel für Reisende.

Ausflugsziele von Tafraoute aus

  1. Das einsame Van Valley in Tafraoute
  2. Das Zentrum von Tafraoute
  3. Die blauen Felsen „Painted Rocks“ von Jean Vérame
  4. Der Napoleonshut als ein Wahrzeichen von Tafraoute
  5. Das Tal der Ammeln

Das einsame Van Valley in Tafraoute

Das Oasental zieht sich durch die Kleinstadt, es läuft ein angelegter Kanal, der Riviere de Tafraout, hindurch, Palmenhaine und wandernden Hirten mit Ziegen trifft man vor allem dort. Die Weite des Tales wird von Campern gerne zum Freistehen genutzt, was von den Einwohnern geduldet und mitunter auch unterstützt wird.

Vor 2020 war das Van Valley gut besucht und wurde dem Namen gerecht. Wir lesen Berichte und sehen Videos, wie der Spirit vor Corona war. Die endlos freie Fläche diente Freistehern ein Paradies, die Bewohner von Tafraoute versorgen die Camper mit den nötigen Lebensmitteln und kümmern sich sogar für die Ver- und Entsorgung, Wäsche-Waschen und andere Services.

Von diesem Spirit war Oktober 2022 nichts mehr zu spüren. Der eingebrochene Tourismus durch die Zwangspause durch Covid und geschlossenen Grenzen entspannt sich nur langsam.

Das Zentrum von Tafraoute

Der kleine Ort ist traditionell und zugleich modern. Nach unserer Route durch das Inland von Marokko sind wir über den Wohlstand und Zustand der Kleinstadt überrascht. Es gibt Schulen und sogar ein Sportstadion, Schwimmbad und einen Festplatz. Straßen und Gebäude sehen recht neu aus. Neben den typisch marokkanischen Geschäften und Restaurants gibt es einige international angehauchte Restaurants mit Pizza und Fast Food. Das Zentrum kann leicht zu Fuß erkundet werden.

Traditionelle Geschäfte mit Schmuck, Teppichen, Keramik und Schmiedearbeit machen rege Werbung für Ihre Verkaufsflächen mit Museumscharakter. Auch ohne was zu kaufen, haben wir so einen authentischen Einblick in die Handwerkskunst. Der Markt mit marokkanischem Handwerk, Kleidung, Lederwaren und -schuhen ist für uns eine gute Alternative. Die Händler sind nicht aufdringlich und man kann gut flanieren.

Die blauen Felsen „Painted Rocks“ von Jean Vérame

Eine Sehenswürdigkeit im Umland von Tafraoute sind die „Painted Rocks“, die von dem belgischen Künstler Jean Vérame in den 1980ern bemalt wurden. Von dem Van Valley fahren wir mit dem Fahrrad 8 km zu den bemalten Felsen.

Jean Vérames großflächige Landschaftskunst ist in den Ländern Ägypten (Sinai) Marokko (Tafraoute) und im Tschad (Tibesti) zu finden. Seit der Umsetzung der blauen Felsen ab dem Jahr 1984 wurden die Steine mehrmals übertüncht und das ursprüngliche Kunstwerk somit stark verändert und zerstört, behaupten kritische Stimmen.

Ob in Farbe oder natura, das eigentliche Naturwunder ist der Fels an sich. Das Granitgestein wirkt luftig-aufeinandergestapelt, locker-leicht und weich-gerundet. Wie kommt es zu den bizarren Felsformationen? Physikalische und chemische Prozesse wirken aufeinander, ohne tieferes Verständnis dafür haben zu müssen, das Gestein zerklüftet an der Oberfläche über die Zeit, Kanten und Ecken werden abgerundet und Klüfte schneiden sich tiefer ins Gestein.

Die Art der Verwitterung nennt sich auch Wollsackverwitterung, da die Felsen einer Matratze oder Kissen ähneln.

Wollsackverwitterung an den Felsen bei Tafraoute
Wollsackverwitterung an den Granitfelsen bei Tafraoute

Der Napoleonshut als ein Wahrzeichen von Tafraoute

Tatsächlich suchen wir den Napoleonshut am Anfang, da es so viele imposante Felsformationen in Tafraoute gibt. Es benötigt den richtigen Standort für den unverkennbaren Blick auf den Napoleonshut, oder dem Chapeau de Napoleon. Von unserer Fahrradtour zurück von den blauen Felsen sind wir uns sicher, dass das der Hut ist.

Tafraoute mit Chapeau de Napoleon
Napoleaonshut von der anderen Seite

Wanderung vom Van Valley ins Tal der Ammeln

Nach unserer ruhigen Nacht im Van Valley wandern wir über den Gebirgszug in den Ort Ammelne. Am frühen Morgen liegt noch der Nebel im Tal, wir treffen auf unserem Weg niemanden, einzig ein paar wenige Zeltstädte von Berbern und Esel laufen wir über den Weg.

Auch wenn anders als in Europa sind die Wege gut markiert. Begehbare Pfade werden mit aufgetürmten Steinen gekennzeichnet, Barrikaden aus Ästen oder Steine markieren dagegen die nicht-begehbaren Wege.

Blick auf das Tal der Ammeln
Markierung am Wegesrand

Am höchsten Punkt angekommen haben wir eine atemberaubende Aussicht auf das Tal der Ammeln, dem Jbel Lekst sowie auf das hinter uns liegende Tafraoute.

Tafraoute ist für uns ein Highlight in Marokko. Selten finden wir so viel Möglichkeiten an Ausflügen und sportlichen Aktivitäten an einem Ort. Der traditionelle Charme der Kleinstadt geht trotz der modernen Orientierung und internationalen Offenheit keineswegs verloren, sondern kombiniert Tradition und Fortschritt in unseren Augen. Besuchst du Tafraoute und das Van Valley? Uns interessiert es brennend, was dein Eindruck ist.

Auf YouTube

(Visited 756 times, 1 visits today)
Avatar-Foto

Martina

Servus, ich bin Martina: Gebürtige Oberpfälzerin liebt bayerische Seen, Grillenzirpen, Sternschnuppenschauen🌟 und Lagerfeuer🔥 in lauen Nächten. In Kindheitstagen bereits angesteckt, mit Roadtrips durch Kanada und Zelten. Van-Ausbau VW T5, Citroen Jumper 🚐

Nähen für Camper🪡 | Feuerküche 👨‍🍳 | Nächstes Reiseziel: Griechenland 🏛️| Enjoy the simple life 😚

Artikel: 45

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert